„Berufliche Orientierung“ trifft „Ganztägiges Lernen“

Land, Kammern und Bildungswerk der Wirtschaft unterzeichnen Rahmenvereinbarung

Die „Berufliche Orientierung“ soll bei den Ganztagsangeboten in der Schule künftig eine größere Rolle spielen. Dazu sind die Handwerkskammern, die Industrie und Handelskammern, die Steuerberaterkammer und das Bildungswerk der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern der „Kooperationsinitiative für ganztägiges Lernen“ beigetreten. Am Vormittag haben Bildungsministerin Simone Oldenburg und die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft im Ludwig-Bölkow-Haus in Schwerin die Rahmenvereinbarung unterzeichnet.

Im Jahr 2018 hatte das Land die „Kooperationsinitiative für ganztägiges Lernen“ ins Leben gerufen und sich mit Dachverbänden und Netzwerken in den Bereichen Kinder- und Jugendbildung, Kultur und Sport sowie den Kirchen auf eine engere Zusammenarbeit verständigt. Der Verbund engagierter Partner von Schulen ist seitdem immer größer geworden und umfasst derzeit 18 zum Teil große Dachverbände.

Simone Oldenburg, Ministerin für Bildung und Kindertagesförderung: „Den Beruf zu finden und zu ergreifen, der am besten den eigenen Talenten und Stärken entspricht, ist eine spannende Sache. ‚Berufliche Orientierung‛ hat schon heute ihren Platz auf dem Stundenplan. Ganztagsangebote schaffen den Raum für weitere praxisorientierte Projekte, die den Schülerinnen und Schülern die Berufswahl erleichtern. Ich freue mich sehr darüber, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft den Jugendlichen zusätzliche Orientierung bieten. Ich hoffe sehr, dass Ganztagsangebote in diesem Schulhalbjahr wieder stattfinden können. Die großen Einschränkungen in der Corona-Pandemie haben den Ganztagsbetrieb stark ausgebremst und nahezu zum Erliegen gebracht. Mit den Lockerungen hoffe ich, dass er wieder ins Laufen kommt und die Schülerinnen und Schüler abwechslungsreiche Angebote erhalten.“ 

Dr. Petra Gansen, Mitglied der Geschäftsführung der Handwerkskammer Schwerin: „Mit der von uns selbst entwickelten und finanzierten Handwerkerschule bringen wir ein sehr attraktives und wertvolles Angebot in die Kooperationsinitiative für ganztägiges Lernen ein. Schülerinnen und Schüler sind mit großer Begeisterung dabei, wenn sie vor Ort in ihren Schulen Unterricht in handwerklichen Techniken bekommen. Da wir den Unterricht gemeinsam mit ausbildenden Betrieben gestalten, ist ein unmittelbarer Bezug zur unternehmerischen Praxis gegeben. Es entwickeln sich Netzwerke für beide Seiten mit Blick auf Praktikums- und Ausbildungsoptionen. Mit der Software ‚MeisterPower‛ bieten wir auch ein digitales Unterrichtstool an, das den Unternehmergeist schult und Lust macht auf eine selbständige Tätigkeit im Handwerk.“ 

Ellen Grull, Leiterin Aus- und Weiterbildung der IHK Neubrandenburg: „Zu einem Ganztagsangebot gehören für die IHK Neubrandenburg für das östliche Mecklenburg-Vorpommern auch verschiedene Angebote der Berufsorientierung. In den Vorabgangs- und Abgangsklassen kann die IHK hier u. a. mit dem bewährten Einsatz von ‚Ausbildungsbotschaftern‛ an den Schulen ein interessantes Angebot machen. Ausbildungsbotschafter sind Auszubildende des zweiten oder dritten Ausbildungsjahres und berichten praxisorientiert und authentisch, wie der Weg in die Berufsausbildung gelingt, welche Karrierechancen damit verbunden sind und geben Einblicke in ihre eigenen Berufe und Ausbildungsbetriebe. Die Unternehmen suchen jetzt und künftig vorrangig Fachkräfte mit beruflicher Ausbildung. Wir hoffen, dass dieses neue Kooperationsangebot an Ganztagsschulen vielfach genutzt werden wird, so dass sich darüber auch langjährige Kontakte zwischen Schulen und Unternehmen entwickeln.“ 

Thorsten Ries, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Rostock: „Kooperation der Wirtschaft mit den Schulen halten wir für essenziell. Schule lehrt und erzieht für das Leben. Dazu gehört auch, dass junge Menschen fit für Ausbildung und Beruf sind. Auch eine Vorstellung davon, welcher Beruf ihnen Spaß macht und eine gute Grundlage für Auskommen und Entwicklungsperspektiven bietet, ist wichtig. Dazu wollen wir als Wirtschaftspartner gern beitragen.“ 

Siegbert Eisenach, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Schwerin: „Ganztägiges Lernen ist immer eng mit einer beruflichen Orientierung verbunden. Für die anstehende Entscheidung in eine berufliche Zukunft bietet die IHK zu Schwerin den rund 1.400 Schülerinnen und Schülern jährlich insgesamt 145 verschiedene Berufsprofile. Damit sich möglichst viele dieser Entscheidungen als richtig erweisen und so wenig als möglich korrigiert werden muss, wird die Zusammenarbeit mit den Schulen immer weiter verbessert. Am Ende einer intensiven Schulbildung steht die persönliche Berufswahlkompetenz jedes einzelnen Schülers und jeder einzelnen Schülerin. Die IHK zu Schwerin ist bereits seit vielen Jahren Partner der Schulen in Westmecklenburg. Diese Partnerschaft muss fortgeführt und weiter ausgebaut werden. Die heute unterzeichnete Kooperationsvereinbarung soll dieses Vorhaben unterstreichen und bietet eine wichtige Grundlage für die gemeinsame Zusammenarbeit im Interesse aller.“

Jens-Uwe Hopf, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern: „Die Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern arbeitet eng mit Regionalen Schulen zusammen, um potenziellen Lehrstellenbewerbern vor allem im ländlichen Raum beispielsweise live über virtuelle Betriebsbesuche während des Unterrichts die Vielfalt der 130 Handwerksberufe in der Region und die damit verbundenen Karrieremöglichkeiten zu präsentieren. Wir möchten Jugendliche aber insbesondere über praktische Arbeiten in regionalen Betrieben im außerschulischen Bereich – wie mit dem Projekt ‚Handwerk macht Schule‛ – für das Handwerk zu begeistern.“ 

Susan Bach, Geschäftsführerin des Bildungswerks der Wirtschaft MV: „Damit Kinder und Jugendliche ihre Berufswahl auf Basis einer qualitativ hochwertigen beruflichen Orientierung treffen, engagieren wir uns u. a. im schulischen Ganztag, aber auch darüber hinaus. Gut verzahnt mit Unterrichtsinhalten bietet der Ganztag hierfür einen geeigneten Raum. Einmal selbst löten, eine maschinengesteuerte Logistikanlage bauen, 3D-Druck zur Problemlösung nutzen, aber auch Unternehmensbesuche und die Auseinandersetzung mit Klischeefreiheit sind dabei Ansätze, die wir verfolgen.“ 

Dr. Holger Stein, Präsident der Steuerberaterkammer MV: „In unserem Land arbeiten im Vergleich mit anderen Bundesländern sehr viele kleine und mittelständische Unternehmen. Über mehrere Jahre nicht besetzte Ausbildungsplätze können in Zeiten von Fachkräftemangel schwerwiegende Konsequenzen haben, sogar den Bestand einer Firma gefährden. Die Schulzeit sollte nicht nur für die theoretische Wissensvermittlung genutzt werden. Entscheidender ist es, die Inhalte praxisrelevant zu vermitteln. Schülerinnen und Schüler sollten frühzeitig ein Gefühl dafür bekommen, für welchen Zweck sie ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten am besten einsetzen können. Dafür müssen vielseitige Möglichkeiten zum ‚Ausprobieren‛ geschaffen werden. Interessierte Schülerinnen und Schüler können sich jederzeit bei der Steuerberaterkammer oder bei einem Steuerberater in ihrer Nähe für ein Praktikum bewerben.“ 

Im Schuljahr 2021/2022 gibt es in Mecklenburg-Vorpommern 349 ganztägig arbeitende Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Damit ist die Teilnahme von mindestens 74.846 Schülerinnen und Schülern an Ganztagsangeboten gewährleistet. Fast jede/jeder zweite Grundschüler/in nimmt an Unterricht ergänzenden Angeboten der ganztägig arbeitenden Grundschulen teil. An 75 Prozent aller öffentlichen allgemein bildenden Schulen, an denen Schüler des Sekundarbereiches I beschult werden, finden Unterricht ergänzende Angebote im Bereich der Ganztagsschule statt. 

Seit dem Schuljahr 2018/2019 verfügen alle ganztägig arbeitenden Schulen über ein finanzielles Grundbudget in Höhe von 2.500 Euro, um Ganztagsangebote mit externen Partnern finanzieren können. Darüber hinaus haben Schulen die Möglichkeit, weitere Mittel zur Finanzierung von Ganztagsangeboten zu erhalten. 

Weitere Informationen: www.mv.ganztaegig-lernen.de

Rahmenvereinbarung