Lehramtsstudium qualitativ verbessern und effektiver machen

An den Universitäten Greifswald und Rostock werden künftig voraussichtlich wieder mehr Lehramtsstudierende ihr Studium absolvieren. Darauf deuten die Ergebnisse der Nachfolgestudie „Studienerfolg und -misserfolg im Lehramtsstudium“ hin. Das Land hat den Erfolg des Lehramtsstudiums in Mecklenburg-Vorpommern untersuchen lassen. Dabei war die leitende Frage, wie viele Studierende das Lehramtsstudium erfolgreich abschließen und damit für den Vorbereitungsdienst und für den Schuldienst im Land zur Verfügung stehen. Die Ergebnisse der ersten Studie wurden im Herbst 2018 vorgestellt. Beide Studien fanden unter Leitung von Prof. Dr. Falk Radisch, Universität Rostock, statt.

„Wir wissen, dass die Situation trotz leichter Verbesserungen weiter angespannt ist und dass wir weiter handeln müssen. Die erkennbar leichte Steigerung bei den Erfolgsquoten ist allerdings ein Grund zur Hoffnung“, sagte Bildungs- und Wissenschaftsministerin Bettina Martin. „Mecklenburg-Vorpommern wird in den kommenden Jahren einen hohen Bedarf an Nachwuchslehrkräften haben. Deshalb ist es enorm wichtig, dass wir die Lehramtsausbildung weiter qualitativ verbessern und dafür sorgen, dass mehr Lehramtsstudierende ihr Studium an unseren Hochschulen erfolgreich absolvieren und unseren Schulen als gut ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stehen“, so Martin. Erste wichtige Maßnahmen seien bereits nach den Ergebnissen der ersten Studie haben Land und Hochschulen bereits ergriffen. Um dies für die Zukunft sicherzustellen, böten die Ergebnisse dieser beiden Studien sehr wichtige Informationen.

Im Vergleich zur ersten Studie 2018 zeigt die Folgestudie eine positive Tendenz beim Erfolg des Lehramtsstudiums an den Universitäten Rostock und Greifswald sowie an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock auf. Da die Untersuchungen bislang nur auf Daten bis zum Wintersemester 2019/2020 zurückgreifen können, berücksichtigen die Studien noch nicht die Maßnahmen, die die Landesregierung und die Hochschulen bereits nach der ersten Studie zur Verbesserung des Lehramtsstudiums ergriffen haben.

„Mecklenburg-Vorpommern ist nach wie vor das einzige Bundesland, das die Studienverläufe von Lehramtsstudierenden wissenschaftlich untersuchen lässt“, betonte Martin. „Wir haben bereits in Folge der ersten Studie wichtige Schritte zur Verbesserung des Lehramtsstudiums unternommen. Das Sofortprogramm und die Einführung eines neuen, praxisbezogenen Studiengangs für das Lehramt Grundschule an der Universität Greifswald mit Beginn des Wintersemesters 2020/2021 reagieren direkt auf die Ergebnisse der ersten Studie. Weitere Schritte und Investitionen sind notwendig, um die Lehrerbildung besser aufzustellen. Die neue Studie gibt Hinweise für die laufenden Prozesse und weiteren Schritte“, erklärte die Ministerin.

„Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die modularisierten Studiengänge eine stabile Basis für die Lehrkräfteausbildung im Land bieten“, sagte Prof. Dr. Falk Radisch von der Universität Rostock. „Um den Ersatzbedarf mittelfristig decken zu können, sind die Kapazitätserhöhungen ein wichtiger Baustein. Die Studie zeigt aber auch, dass die Situation in den Fächern sehr heterogen ist. Es wird für den Erfolg der Reformen und der Kapazitätserhöhung wichtig sein, dies im Blick zu behalten. Um auch kurzfristig mehr Lehramtsstudierende zum Abschluss führen zu können, ist es erforderlich, die bereits angefangenen Reformen stärker auf fachspezifische Bedarfe auszurichten. Der Befund, dass der Schwund vor allem in den ersten Fachsemestern auftritt, legt nahe, dass auch die Gewinnung von Lehramtsstudierenden stärker zu fokussieren ist“, so Radisch.

Ergebnisse der Folgestudie

Insgesamt lässt sich feststellen, dass der Schwund an Studierenden in den allgemein bildenden Lehramtsstudiengängen an den Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern in den jüngeren Kohorten leicht rückläufig ist. Die Entwicklung an den einzelnen Hochschulen und in den einzelnen Lehramtsstudiengängen, Fachgruppen und Fächern bleibt allerdings unterschiedlich. Die Schwundquote fasst neben Studienabbrüchen auch substanzielle Anteile durch einen Wechsel der Fächer oder einen Wechsel in andere Studiengänge zusammen. Die geringsten Schwundquoten weisen nach wie vor das Lehramt an Grundschulen (Schwundanteil: 33 Prozent) und das Lehramt für Sonderpädagogik (Schwundanteil: 20 Prozent) auf.

Die teils sehr hohen Schwundquoten vor allem im Lehramt an Regionalen Schulen (Universität Rostock: 67 Prozent bzw. Universität Greifswald: 83 Prozent), aber auch in bestimmten Fächern des gymnasialen Lehramts, bestehen fort. In einigen Fächern wie etwa Sport, Biologie, Musik und Kunst, Deutsch und Geschichte gerade im Lehramt an Gymnasien zeigen sich aber deutlich niedrigere Schwundquoten als noch vor zwei Jahren. Über alle betrachteten Lehramtsstudiengänge hinweg zeigt sich, dass bislang nur ein sehr geringer Anteil der Studierenden (zwischen zwei Prozent und 19 Prozent) das Studium in der Regelstudienzeit abschließen konnte. Allerdings liegen bislang nur Daten für insgesamt drei Kohorten vor, die seit 2012 mindestens die Regelstudiendauer von neun bzw. zehn Semestern durchlaufen haben.

Erste Schritte

Seit der Veröffentlichung der ersten Ergebnisse der Studie im Jahr 2018 haben das Land und die Hochschulen verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung und Effektivierung des Lehramtsstudiums ergriffen. Das Land hat umgehend nach der Vorlage der ersten Studie ein „Sofortprogramm Lehrerbildung“ im Umfang von jährlich rund einer Mio. Euro aufgelegt. Des Weiteren hat unter Leitung der Prorektoren für Studium und Lehre der Universitäten eine Arbeitsgruppe gemeinsam mit dem landesweiten Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZLB) und dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur ihre Arbeit aufgenommen. Die Arbeitsgruppe hat am 19. März 2019 ein Papier vorgelegt und dabei drei Schwerpunkte für Verbesserungen beschrieben:

  1. Maßnahmen zur Verbesserung der Eignungsabklärung:An beiden Universitäten wurde für das Lehramt an Regionalen Schulen ab dem Wintersemester 2019/2020 eine Erstsemesterwoche eingeführt. Dadurch konnten sich die Studierenden besser kennenlernen und besser mit dem gewählten Lehramt identifizieren. Diese Veranstaltungen wurden auch zu Beginn des Wintersemesters 2020/2021 unter Einhaltung der notwendigen Corona-Einschränkungen fortgeführt und sollen zukünftig auf weitere Lehrämter ausgedehnt werden.
  2. Maßnahmen zur Verbesserung des Berufsfeldbezugs:Seit dem 1. August 2020 werden Reisekosten von Studierenden, die Praktika oder Schulpraktische Übungen im Ländlichen Raum ableisten, vom Land gefördert. Hierfür stehen jährlich 200.000 Euro bereit. Weiterhin stärken beide Universitäten den Berufsfeldbezug im Lehramtsstudium. Bereits jetzt finden in einigen Fachwissenschaften berufsfeldbezogene Projekte statt, die weiter ausgebaut und verstetigt werden sollen. Dabei spielen auch Schulnetzwerke und ein systematisch entwickeltes Mentoring eine zunehmende Rolle.
  3. Maßnahmen zur Verringerung der Prüfungslast:Zur systematischen Erfassung von Problemen der Prüfungslast wollen die Universitäten Greifswald und Rostock ein entsprechendes Monitoring installieren.

Wie wirksam diese Maßnahmen sind, kann durch die bisherigen Studienergebnisse allerdings noch nicht beurteilt werden, da die verfügbaren Daten aktuell im Wintersemester 2019/2020 enden. Die Maßnahmen der Arbeitsgruppe als auch das Sofortprogramm haben erst im Wintersemester 2020/2021 begonnen, so dass erste Effekte erst später festgestellt werden können

Zur weiteren Umsetzung dieser Maßnahmen stellt das Land zusätzlich drei Mio. Euro für drei Jahre aus dem 200-Millionen-Euro-Schulpaket bereit. Insgesamt beinhaltet das 200-Millionen-Euro-Schulpaket 27 Millionen zusätzlich für den qualitativen und quantitativen Ausbau der Lehramtsausbildung an Mecklenburg-Vorpommerns Hochschulen.

Weitere Schritte

Um dem besonders in Vorpommern dauerhaft hohen Bedarf an Grundschullehrkräften begegnen zu können, hat die Universität Greifswald ein innovatives Konzept für einen 10-semestrigen Studiengang Lehramt an Grundschulen entwickelt. Dieser neue Studiengang ist im Wintersemester 2020/2021 mit 75 zusätzlichen Studienplätzen gestartet und zeichnet sich durch ein innovatives Konzept für Praxisanteile im Studium aus. Die Studierenden absolvieren ab dem ersten bis zum achten Semester einen Tag pro Woche in der Schule (Praxistag) und ein Praxissemester im neunten Semester. Diese fortlaufenden Praxisphasen sind eng curricular und personell miteinander verzahnt. Zusammen mit den 50 zusätzlichen Studienplätzen für das Lehramt Grundschule an der Universität Rostock wird das Studienangebot für angehende Grundschullehrkräfte in Mecklenburg-Vorpommern damit mehr als verdoppelt.

Zur Umsetzung der besseren Verzahnung von Theorie und Praxis konnte bereits ein Schulnetzwerk in enger Kooperation mit dem Staatlichen Schulamt Greifswald und Grundschulen im ländlichen und städtischen Raum des östlichen Landesteils aufgebaut werden. Insgesamt konnten auf diese Weise bereits 100 Praktikumsplätze zur Verfügung gestellt werden. Da die Kooperationsschulen teilweise zugleich Seminarschulen der zweiten Phase der Lehrerbildung (Vorbereitungsdienst) sind, kann so langfristig der Übergang in den Schuldienst in Mecklenburg-Vorpommern vorbereitet werden. An den Kooperationsschulen werden die Studierenden durch erfahrene und von der Universität Greifswald qualifizierte Mentorinnen und Mentoren betreut. Für die Teilnahme an dieser Qualifizierung konnten bereits 34 Grundschullehrkräfte gewonnen werden.

Künftiges Monitoring

Für die Verbesserung des Studienerfolges und zur Weiterentwicklung des Lehramtsstudiums an den Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern sind weitere Schritte geplant. Eine wichtige Basis ist dabei die Verstetigung des Monitorings, wie es durch die heute veröffentlichte Nachfolgestudie vorgestellt wurde.

Innovative Projekte der Lehrerbildung

Bei der Weiterentwicklung der Lehramtsstudiengänge liegt der Fokus vor allem auf der Frage, wie Lehramtsstudierende einen näheren Bezug zum Arbeitsumfeld „Schule“ gewinnen können. Dies kann einerseits Studienabbrüche verhindern helfen und andererseits die Einblicke in die Attraktivität vor allem ländlicher Schulen ermöglichen.

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird u. a. auch prüfen, ob Rahmenvereinbarungen zur Absolvierung von Praktika in Schulnetzwerken möglich sind. Auf diese Weise soll beispielsweise sichergestellt werden, dass die Studierenden eine landesspezifische Vielfalt unterschiedlicher Schulen und Schulstandorte kennenlernen können. Die Erfahrungen aus der „Lehrerbildungslandpartie“ des ZLB und des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur zeigen, dass erste persönliche Kontakte zwischen Lehramtsstudierenden und Schulen im ländlichen Raum dazu beitragen, dass Studierende Interesse an eben jenen Schulen zeigen und sich durchaus vorstellen, nach Abschluss ihrer Lehramtsausbildung dort tätig werden zu können. Die Lehrerbildungslandpartie zählt damit zu den innovativen und wichtigen Projekten, um Nachwuchslehrkräfte im Flächenland Mecklenburg-Vorpommern zu gewinnen.

Zur Studie